An drei Tagen wanderte die Gruppe «Klimaspuren» durch den Kanton Solothurn. Dabei konnte die Gruppe beobachten, wie sich der Klimawandel im Kanton Solothurn zeigt. Unsere Journalistin begleitete sie auf der Etappe Nr. 24.
Am Donnerstagmorgen in der Früh traf eine sich noch unbekannte Gruppe um 08.30 Uhr am Hauptbahnhof in Olten. Nach der kurzen Begrüssung von Köbi Gantenbein, Teil des Kernteams und an diesem Tag auch Wanderleiter, übernahm und führte Rani Magnani, Praktikantin des Kunstmuseums Olten, die ungefähr 25-köpfige Gruppe durch einen Teil der Open-Air-Ausstellung «Der schöne Aare naa».
Die Ausstellung beabsichtigt die Beziehung der Oltner und Oltnerinnen zu ihrem Fluss ins Zentrum zu rücken. Gleichzeitig werde auf den Klimawandel Bezug genommen und dessen Einfluss auf die Stadt aufgezeigt. So führte Magnani die Wanderer und Wanderinnen ans Ufer mit gutem Blick auf eine weisse Masse, die eine Eisscholle darstellen sollte.
«Die Eisscholle, angefertigt aus Styropor, wirkt verlassen und ungünstig an diesem Ort», beschreibt Magnani das Kunststück. «Es soll einen Denkanstoss auslösen. Denn was geschieht mit der Aare und der sich direkt daneben befindende Hauptbahnhof Olten, wenn die Aaregletscher gänzlich wegschmelzen?», erklärt Magnani die Eisscholle weiter und lässt dabei die aufgeworfene Frage unbeantwortet.
Führung der Kreisförsterin Veronika Röthlisberger
Auf der Holzbrücke von Olten wurde die Führung an die Kreisförsterin Olten-Gösgen Veronika Röthlisberger übergeben. Die seit zwei Jahren im Amt tätige Kreisförsterin führte die Gruppe durch den Stadtpark in den Wald hinein. Schon kurz darauf wurde wieder angehalten. Die Gruppe versammelte sich um Röthslisberger, welche auf eine Eiche und eine darum liegende mit sehr jungen Eichenbäumchen bewachsenen Fläche weist.
«Sollen diese Bäumchen eine Chance haben, brauchen sie unbedingt mehr Licht. Schaffen wir hier nicht bald Lücken im alten Bestand, wird die nächste Baumgeneration nicht aus Eichen, sondern aus schattentoleranteren Arten bestehen»
sagt die Kreisförsterin, Veronika Röthlisberger
Man versuche der Natur ihre eigene Arbeit leisten zu lassen, mit der heutigen Nutzung des Waldes als Holzproduzenten, Wohlfahrtsort sowie seiner Schutzfunktion sei dies aber nicht immer möglich. Nach einigen Fragen der hochinteressierten Mitwandernden und einem ersten Gruppenfoto ging es weiter in den Wald.
Mit jedem Schritt tiefer in den Wald hinein, begann es auch stärker zu regnen. Niemand liess sich jedoch dadurch beirren und Röthlisberger erzählte über die zweite, neben dem Klimawandel, grosse Herausforderung für den Wald:
«Die Einschleppung von neuen Krankheiten beschäftigt den Wald mindestens so stark wie der Klimawandel.»
Röthlisberger
Dieser habe nicht direkt durch die Erwärmung der Erde zugenommen, im Gegenteil die Schädlinge würden Feuchtigkeit bevorzugen.
«Die Ursache liegt klar in den enormen, globalen Transportströmen. Selbst wenn man jeden Container im Rheinhafen auf Käfer kontrollieren würde, sie finden immer einen Weg in unsere Wälder», beschreibt Röthlisberger den Zusammenhang vom Verhalten des Menschen und dessen Umwelt.
Veronika Röthlisberger fragt die Wanderer, wie alt die Eichen im Wald sind:
Eine App für nachhaltige Forstwirtschaft
Angekommen auf der Chutzenflue, einer Freifläche mit Weitblick auf den Wald, erklärt Röthlisberger die Arbeit eines Försters oder einer Försterin und wie diese im Kanton Solothurn für eine nachhaltige Investition vergütet werden.
«Mit einer App machen wir den Förstern und Försterinnen den aktuellen Forschungsstand zu Wald und Klimawandel zugänglich. Die TreeApp zeigt für jeden Waldstandort im Kanton auf, welche Baumarten sich im konkreten Fall für eine wärmeres und trockeneres Klima eignen könnten.»
Es sei vor allem wichtig, dass die App Vorschläge unterbreitet und keine Verpflichtungen aufsetzt. Denn so könnten die Förster und Försterinnen mit ihrer meist langjährigen Erfahrung selbst entscheiden, wie «ihre» Waldfläche bepflanzt werde, betont die Kreisförsterin. Bis hin zum Rumpel begleitete Röthlisberger die Gruppe noch.
Nach der zweieinhalbstündigen Begleitung durch den Wald schien die Sonne wieder mit voller Kraft und die Kreisförsterin gab einen letzten Einblick in ihre Prognose eines zukünftigen Waldes in der Schweiz: «In Zukunft werden die Wälder trockener, lichter und weniger hoch sein. Wir werden uns an Waldbilder gewöhnen müssen oder dürfen, wie wir sie heute in Spanien, Italien oder dem Balkan kennen.»
Mit den Schlussworten: «Das Klima und mit ihm der Wald produzieren keine tagesaktuellen Schlagzeilen. Sie verändern sich laufend. Bis zu einem gewissen Grad können wir die Veränderungen im Wald vorhersehen und schon heute darauf reagieren», verabschiedete sie sich von der Gruppe.
Eine Expedition, 70 Veranstaltungen und unzählige Ortstermine
Nach einer kurzen Mittagspause ging es weiter Richtung Langenbruck im Baselland. Der zweite Teil der Wanderung dauerte nochmals gute dreieinhalb Stunden und war vor allem vom angeregten Austausch zwischen den Wanderern und Wanderinnen geprägt. Im Gespräch mit dem mitwandernden Kernteam, bestehend aus Gantenbein, Zoe Stadler sowie Dominik Siegrist wurde klar, dass sie diese Offenheit und Gastfreundlichkeit der Klimainteressierten schon seit Beginn der Organisation des Projektes zu spüren kriegten.
«Nachdem wir vor einem Jahr die Route quer durch die Schweiz erstmals ausgelegt hatten, kamen unterschiedlichste Menschen auf uns zu, die uns in unterschiedlichster Weise begleiten wollten», erläutert Gantenbein. «So ist Klimaspuren zu einer Expedition geworden mit mehr als 70 Veranstaltungen und unzähligen Ortsterminen», fügt Siegrist an.
Die drei sind sich vor allem in einer Sache einig: An den Klimaspuren können alle teilnehmen. Die Müdigkeit sei nach der ersten Woche auch überwunden und jetzt verspüre man vor allem noch Freude an einem Projekt, welches Menschen mit einem gemeinsamen Interesse zusammenkommen lasse.
Die Wanderung über die Belchenflue endete schlussendlich in Langenbruck.
Nach einem Abendessen war aber noch keine Ruhe eingekehrt. Die Gruppe wurde um 20.30 Uhr im Ökozentrum in Langenbruck begrüsst und verschiedene Klimaprojekte der Gemeinde wurden vorgestellt und im Anschluss diskutiert. Nach einem langen Tag war sich die Gruppe überhaupt nicht mehr fremd und die Lust an weiteren Wanderungen teilzunehmen, war nicht mehr zu bändigen.
Dieser Artikel erschien erstmals am Samstag, 26. Juni 2021 in der Solothurner Zeitung. Klicke hier für die publizierte Version.
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